Wie die Interessengegensätze überwinden?

Das Problem

Bei Vertragsverhandlungen ist häufig die Frage, wem die Nutzungsrechte zustehen, der eigentliche Knackpunkt. Der Anwender will alle Nutzungsrechte, da er die Systementwicklung vollumfänglich bezahlt hat. Der Lieferant auf der anderen Seite hat allerdings oft wiederverwertete Teile in die Software eingebaut.

Lösung 1: Miteigentum

Die Parteien versuchen das Problem manchmal so zu umgehen, dass sie Miteigentum an der Software vereinbaren. In diesem Fall können sie nur gemeinsam über die Software verfügen. Dies kann die Weiterentwicklung der Software oder die Erbringung von Softwarepflegeleistungen blockieren. Der Lieferant wird dies auf jeden Fall zu vermeiden versuchen: Dafür müssen die Parteien vereinbaren, dass sie ohne Einwilligung der anderen Vertragspartei über die Software frei verfügen können (Einräumung des Vertriebs-, Bearbeitungs-, Vervielfältigungsrechts etc. oder Spaltung der Urheberrechte). Beide Parteien sind dann berechtigt, über die Software zu verfügen.

Lösung 2: Übertragung aller Rechte auf den Lieferanten

Eine andere Lösung besteht darin, die Urheberrechte vollumfänglich auf den Lieferanten zu übertragen. Gleichzeitig wird der Anwender an der zukünftigen Lizenzierung der Software beteiligt. Dieses Kickback-Modell hat allerdings Tücken: Es ist schwierig, die Höhe des Kickbacks zu bestimmen; wird ein prozentualer Anteil der künftigen Lizenzgebühr als Kickback vereinbart, so lässt sich dieser Anteil in späteren Geschäften meistens nicht genau bestimmen, wenn die Software als Teil eines grösseren EDV-Systems lizenziert wird. Zudem kann dieser Anteil leicht manipuliert werden: Der Lieferant kann z.B. die Lizenzgebühr herabsetzen und für die Dienstleistungen beim Drittkunden mehr verlangen. Aus diesem Grund bestehen viele Anwender darauf, Einblick in den Lizenzvertrag mit dem Drittkunden zu erhalten. In der Regel ist dieser aber ein Konkurrent des Anwenders. Der Lieferant kann dem Anwender auch wegen der Geheimhaltungsverpflichtung gegenüber dem Drittkunden keine Einsicht gewähren. Unter diesen Umständen ist es einfacher, wenn dem Anwender als Kickback ein bereits vorgängig bestimmter Betrag bezahlt wird.

Lösung 3: Sperrfrist

Manchmal einigen sich die Parteien auf eine Zwischenlösung: So kann sich der Lieferant z.B. verpflichten, die für den Anwender entwickelte Software während einer gewissen Zeit keinem Dritten zu lizenzieren. Auch hier ergeben sich allerdings sehr schnell Abgrenzungsprobleme: Wann liegt noch dasselbe Softwareprogramm vor?

Lösung 4: Rechte beim Lieferanten - uneingeschränktes Nutzungsrecht des Anwenders

Häufig begnügt sich der Anwender damit, die Software selber uneingeschränkt nutzen zu können. Dafür räumt ihm der Lieferant eine möglichst weitgehende, zeitlich unlimitierte Lizenz ein. Gleichzeitig sichert der Lieferant ihm vertraglich zu, das vom Anwender eingebrachte Know-how geheimzuhalten.Das ist oft eine gute Lösung für den Lieferanten. Für den Anwender ist sie im Hinblick auf die über das einfache, zeitliche unbeschränkte Gebrauchsrecht hinaus gehenden Nutzungsrechte allerdings nicht abgesichert, wenn der Lieferant in Konkurs geht oder die Urheberrechte an der Software verkauft.

Eine ausführliche Besprechung der verschiedenen Aspekte finden Sie im Aufsatz "Zuordnung des Urheberrechts bei IT-Projekten", den Sie unter den Publikationen finden.